PV Anlage lohnt sich für mich oder nicht?

Viele meiner Kunden fragen mich, ob ich ein unverbindliches Angebot für eine PV Anlage erstellen kann? Diese Frage zu beantworten, hängt von einigen Faktoren ab. Wir haben festgestellt, dass viele Kunden bei denen wir bereits bestellte Anlagen eingerichtet und installiert haben, schlecht, bis gar nicht beraten wurden und somit das Endprodukt falsch dimensioniert und auch nicht auf die eigenen Bedürfnisse angepasst wurde. Von einer erhöhten finanziellen Investition einmal abgesehen. Daher möchte ich hier aufgrund unserer Erfahrungen beraten, um das bestmögliche Produkt anbieten zu können oder auch von einem Kauf einer Anlage abzuraten. Fakt ist, nicht für jeden Haushalt lohnt sich eine PV Anlage.

Erst einmal zu uns. Ich bin Elektromeister seit 2016 und habe die Firma ENK Service gegründet. Seit 2018 sind wir zu einem großen Teil in der Beratung und Installation von PV Anlagen tätig. Die hier getätigten Aussagen beruhen hauptsächlich auf unseren eigenen Erfahrungen und den Herstellerangaben. Ich habe meine persönliche Meinung grün markiert, da es durch andere Verkäufer etc. andere Aussagen gibt, die ich allerdings nicht teile. Durch die ständigen Updates und Erweiterungen in diesem Sektor soll dies nur als Hilfe und Entscheidungsfindung dienen. Wichtige Faktoren zur Entscheidung sind:


STROMVERBRAUCH:

Sind Sie Kunde mit einem aktuellen Stromverbrauch von unter 2000kWh im Jahr und planen weder die Anschaffung eines E-Fahrzeugs noch einer Wärmepumpe oder sonstiger Stromverbraucher dann ist bei Interesse eher ein Balkonkraftwerk sinnvoll. Die Kosten für Stromspeicher, Wechselrichter, Anmeldung und Installation stehen einer wirtschaftlichen Amortisation den geringen Einsparungen im Weg.

Ab ca. 3500kWh lohnt sich der Einstieg in die PV Anlage aus wirtschaftlicher Sicht, denn auch wenn hier der „grüne Strom“ durchaus erstrebenswert ist so sollte die wirtschaftliche Komponente aus meiner Sicht nicht vernachlässigt werden.

Um bei der Entscheidungsfindung behilflich sein zu können und die folgenden Kriterien zu verstehen gebe ich hier erst einmal einige grundsätzlichen Informationen. Jede Anlage, die eine Anmeldung beim Energieversorger benötigt, sollte mit der Begleitung eines Elektromeisters errichtet werden. Kein Endkunde kann diese Anlagen völlig selbstständig anmelden. Wir haben schon Gas Wasser Installateure, Dachdecker oder Private „Energieberater“ Anlagen verkaufen sehen. Das Problem ist immer das gleiche. Es gibt einen Unterschied eine Anlage anzumelden und sie in Betrieb zu nehmen. Die Inbetriebnahme kann nur ein Elektromeister oder eingetragener Elektroingenieur übernehmen

Ich verstehe, dass jeder Geld sparen möchte, aber der Betrieb einer PV Anlage am öffentlichen Netz ohne Inbetriebsetzungsanzeige kostet derzeit ca. 10€ pro installierter kW (Bundeslandabhängig) und verstrichenem Monat. Anlagen, die gar nicht erst angemeldet und geprüft wurden sind noch teurer und müssen zurückgebaut werden. Also bitte redet vorher mit einem Fachbetrieb in der Nähe. Ebenso kommen Anfragen wie:  Wir haben unsere Anlage bereits installiert, hier sind alle Unterlagen, sie muss nur noch angemeldet werden. Bei aller Liebe, so geht es nicht. Es sind häufig falsche Querschnitte der Solarkabel und Erdungskabel verlegt. Oder gar keine Erdung auf dem Dach. Wenn wir jetzt die Anlage in Betrieb nehmen für einige hundert € dann sind wir automatisch der Errichter der Anlage und übernehmen die Haftung für die korrekte Verlegung und Installation. Wie sollen wir das machen, wenn die Anlage bereits auf dem Dach ist? Auf Pfusch beträgt der Zeitraum der Haftung sogar 30 Jahre. Welche seriöse Firma sollte das übernehmen. Allein die Anfrage ist unseriös. Also bitte nicht falsch verstehen aber die Firma geht hier ein erhebliches, unkalkulierbares Risiko ein, wenn sie die Inbetriebnahme einfach durchführt.


ARTEN VON ANLAGEN:

Netzgekoppelte PV Anlage:

Der größte Anteil, der in Deutschland installierten Anlagen ist netzgekoppelt. Diese Anlagen laufen immer dann, wenn Netzspannung durch den Grundversorger anliegt. Sie versorgen das Haus, versorgen den Speicher und liefern den nicht benötigten Strom für einen Bruchteil des Einkaufspreises an den Energieversorger (aktuell 8,11 Cent pro kWh bis 10kW Anlagengröße). Durch die sehr gute Stromausfallsicherheit in Deutschland sind diese Anlagen kaum zu unterscheiden von den netzunabhängigen.

Vorteil: Fast alle Hersteller der Wechselrichter können dieses Prinzip, Die Anlagen sind etwas günstiger
Nachteil: Bei Stromausfall sind diese Anlagen aber aus und das Haus dunkel. Es kann weder das Haus noch der Speicher weiter versorgt werden. Unabhängig vom Akkustand noch Stand der Sonne. Niedriger Autarkiegrad

Anmeldung: Anmeldung beim Grundversorger und Marktstammdatenregister erforderlich.

Netzunabhängige PV Anlage (OFF GRID):

Diese Anlagen liefern bei Netzbetrieb Strom ins Haus, in den Speicher und bei Überschuss ins öffentliche Netz. Bei Stromausfall wird das Haus weiter versorgt und der Speicher geladen sofern Solarenergie zur Verfügung steht. Ist die Sonne weg dann steht dem Haus noch die Energie des Speichers zur Verfügung.

Vorteil: Versorgung des Hauses auch bei Stromausfall, Hoher Autarkiegrad

Nachteil: Nur wenige Wechselrichter können das ohne Zusatzgeräte, Zusatzgeräte preisintensiv

Anmeldung: Anmeldung beim Grundversorger und Marktstammdatenregister erforderlich.

Inselanlage:

Die reinen Inselanlagen sind nicht ans öffentliche Stromnetz angeschlossen und kommen eigentlich nur dort vor, wie der Name schon sagt auf Inseln oder auf Ackerflächen, bei denen keine öffentliche Versorgung möglich ist.

Einer der am häufigsten mir bekannten Wechselrichter hier ist Growatt.

Vorteil: Stromversorgung auch ohne das öffentliche Netz, sehr hoher Autarkiegrad

Nachteil: Nur wenige Wechselrichter können das ohne Zusatzgeräte, Zusatzgeräte preisintensiv

Anmeldung: Nicht erforderlich, da keine Anbindung ans Netz

Fazit:

Sobald eine PV Anlage einen Anschluss an das öffentliche Netz hat ist sie beim Grundversorger anzumelden auch wenn sie nicht ins öffentliche Netz einspeist.


UNTERSCHIED NOTSTROM UND ERSATZSTROM

Wichtig ist auch der Unterschied zwischen Notstrom und Ersatzstrom.

Notstrom:

Notstromfähige Anlagen liefern bei Stromausfall noch eine minimale Stromversorgung. Oft über einen kleinen Ausgang am Speicher, an dem eine Steckdose angeschlossen werden kann oder ist. Diese Schalten aber meistens den PV Moduleingang am WR aus und man muss eine eventuelle Heizung etc. an diese Steckdose anschließen. (Bei Wärmepumpen nicht möglich, da sie über den Schaltschrank direkt angeschlossen sind) Gasheizungen können noch einen Stecker haben, der dann aber umgesteckt werden muss. Oft ist die PV Anlage dann aber aus und nur der Speicher liefert weiter. D.h. der Speicher wird auch nicht mehr trotz Sonne geladen. Passiert dies z.B. nachts bei einer Speicherladung von etwa 10% dann kann man maximal noch 5% nutzen da der Speicher auch einen Tiefentladungsschutz hat.

Ersatzstrom:

Ersatzstromfähige Anlagen ersetzen den gesamten Netzstrom bei Netzausfall. Der Wechselrichter geht in den OFF Grid Betrieb und die Anlage bleibt vollständig in Betrieb. D.h. das Haus wird weiter mit der Energie der PV Module  versorgt und lädt den Akku auf. Es wird eben nur nicht eingespeist. Die Anlage produziert nur das, was das Haus bzw. der Speicher benötigt. Diese Umschaltung bei Netzausfall beträgt bei den mir bekannten Anlagen innerhalb von 0,2-0,6ms. Das nennt sich noch unterbrechungsfrei und außer einem kurzen Flackern bei Lampen fällt die Umschaltung nicht auf. Sogar PC´s und die meisten anderen Geräte bleiben einfach an. Schaltet das Netz wieder zu dann erfolgt die Umschaltung wieder auf das Netz. In der Regel alles voll automatisch ohne Einwirken des Anlagennutzers.

ANSCHAFFUNG E-FAHRZEUG

Ist die Anschaffung eines E-Fahrzeuges geplant dann gibt es einiges anzumerken. Die Frage des Ladens. Es gibt verschiedene Fahrzeuge mit verschiedenen Ladeleistungen. Für die Hybriden Fahrzeuge (Bsp. VW Passat GTE, Polaris Ranger) und kleine voll elektrische Fahrzeuge reicht meistens eine Steckdose mit max. 3,7kW Ladeleistung. Die reinen elektrisch gefahrenen Kilometer sind hier nur 50km bis 75km. Ladedauer etwa 2-3 Stunden von 0 auf 100%.

Der Durchschnitt der E-Fahrzeuge lädt mit 11kW (Bsp. Tesla Model 3, Y). Die Reichweiten liegen zw. 300-500km. Ladedauer etwa 6-8 Stunden von 0-100%.

Manche Fahrzeuge laden auch mit 22kW (Bsp BMW I7, Renault Scenic E-Tech) Die Reichweiten bis 650km sind etwas höher und die Ladezeit etwa die Hälfte.

Diese Ladeleistungen sollten in der Planung einer PVA berücksichtigt werden.

Bsp.: PVA mit 10kW und 7kWh Speicher kann im besten Fall (Mittags um 12 im Juli bei Südausrichtung und optimaler Neigung und 100% Akkuladung) mit 17kW rein Solar laden. Der Hybride wird hier komplett mit Sonnenenergie geladen.

Der Tesla wird dann mit 10kW aus der Sonne und 1kW aus dem Speicher geladen.

Der BMW wird dann mit 10kW aus der Sonne, 7kW aus dem Speicher und 5 kW aus dem Netz geladen.

Da man diese Bedingung in den seltensten Fällen erreichen kann und die Netzladung vermeiden möchte sollte die Ladesäule „intelligent“ sein. Das erhöht die Ladedauer aber senkt die Kosten im besten Fall auf 0€.


BATTERIESPEICHER HOCHVOLT ODER NIEDERVOLT

Im Grunde ist es egal ob das System Hochvolt oder Niedervolt Akkus besitzt. Ein Plus für die Hochvolt Akkus sind die geringeren Wandlungsverluste da der Solarstrom direkt per DC Kopplung in den Akkus gespeichert werden kann und nicht erst wieder in die nötige Spannung umgewandelt werden muss. Ein Plus für die Niedervolt Akkus sind die größeren Leistungsabgaben. Wir konnten die größeren Lade- und Entladeströme mit den Niedervoltakkus erreichen.

Brauche ich einen Akku oder nicht? Der Akku nimmt einen großen Teil der Investitionskosten ein, daher ist die Frage berechtigt ob er nötig ist oder nicht. Ein Bsp. an einer unserer Anlagen.

Wechselrichter Deye 6kW Hochvolt, Batterie BYD 7,68kWh, Module 7,5kWh Südausrichtung: 3 Personenhaushalt mit Wärmepumpe.

Datum 26.03.24


Die blaue Linie zeigt die Erzeugte Leistung aus der Sonne. Ich habe den Speicher auf 15% Entladung begrenzt um für einen Stromausfall noch ein wenig Puffer zu haben. Ab ca. 6:00 Uhr morgens beginnt die Anlage zu erzeugen. Mit Prio 1 wird das Haus versorgt und Prio 2 der Speicher. Die grüne Linie zeigt die Netznutzung. Der Speicher ist ab ca. 10:00 Uhr bei 100% und der gesamte überschüssige Strom wird eingespeist (Netznutzung im Minusbereich). Die Module produzieren ab ca. 17:00 Uhr nichts mehr, dennoch geht die Netznutzung nicht hoch, da der Speicher noch voll ist. Um 24:00 Uhr haben wir noch ca. 40% im Akku und dieser hält noch bis um 5:00 Uhr am nächsten Tag.

Die Anlage hat an diesem Tag 35kWh erzeugt, das Haus hat 6,7kWh verbraucht und der Akku 6,9kWh. Vom Netz wurden knapp 0,5kWh in der Übergangszeit gezogen (entspricht ca. 0,225€). 21,4kWh wurden eingespeist. (21,4kWh x 0,081€ = 1,73 – 0,225€ = 1,50€)

Mit PVA und Speicher hat das Haus 1,50€ Gewinn gemacht.
Mit PVA ohne Speicher. (Ca 9h Solarabdeckung, Verbrauch in der Zeit ca. 2,5kWh)
6,7kWh -2,5kWh = 4,2kWh aus dem Netz =1,89€ Kosten verursacht.
Ohne PVA (Grundlage 0,45€ pro kWh x 6,7kWh) 3,0€ Kosten verursacht.

Jahresanalyse der gleichen Anlage 2023


Die Anlage hat p.a. 8540 kWh Strom produziert. Wie man sieht, produziert sie im Januar, November und Dezember kaum etwas. Dagegen steht die Wärmepumpe mit dem höchsten Verbrauch. Der Speicher kann dies nicht abdecken. Das ist mit den derzeitigen Speichern normal. Im Jahr davor verbrauchte das Haus 6400kWh ohne PVA.

Firmenwagen

Ohne PVA: 6400 kWh x 0,45€* = 2880€

Mit PVA: 2190 kWh x 0,45€ = 985,5€

Einspeisung:      5610 kWh x 0,081€ = 454,41€

Gesamt 985,5€ - 454,41€ = 531,09€

Ergibt eine Ersparnis von 81,5%


Jetzt werden natürlich viele sagen, dass der Wärmepumpentarif örtlich günstiger ist. Durch den 2. Zähler entstehen aber auch zusätzliche Mietkosten. Der Wärmepumpentarif beinhaltet oft eine zweimalige Abschaltung des Stroms über 2 Std am Tag. Dadurch kühlt das Haus wieder ab und nach den 2 Stunden muss die WP die Temperatur wieder anheben und verbraucht dadurch mehr als würde sie durchlaufen. Wärmepumpen sind darauf ausgelegt durchgehend zu laufen. Die ständigen an und Ausschaltvorgänge beeinflussen daher auch die Haltbarkeit. Sollte der Tarif der WP 10 Cent unter dem Normaltarif liegen gibt es die Möglichkeit der Kaskadenschaltung beider Zähler. Erfahrungsgemäß tun sich die Grundversorger sehr schwer die Kaskadenschaltung ordentlich abzurechnen erst recht, wenn sich der Kunde für einen anderen Tarif als den des Grundversorgers entscheidet. Also bitte diese Rechnung nur als Beispiel sehen. Eine genaue Rechnung kann man nur individuell pro Kunden und Ort vornehmen.


VOLLEINSPEISUNG ODER ÜBERSCHUSSEINSPEISUNG?

Volleinspeisung:
Wie der Name schon sagt, wird hier der gesamte erzeugte Strom eingespeist und vergütet. Es wird ein eigener Einspeisezähler installiert. Das Haus profitiert hier nicht von dem Strom. Das kann finanziell dennoch interessant sein. 3 Beispiele:

1. PV Anlage 30kW gebaut 2004 (Kundenanlage)

  • Gesamtinvestition: 125000€
  • Vergütung zu der Zeit auf 20 Jahre fest: 0,56€
  • Gesamtertrag bis heute 2024: 567000kWh x 0,56€ = 306,180€
  • Reparaturkosten: 2x defekte Module, 1x defekter Wechselrichter inkl. Arbeitslohn = 3400,-€
  • Gewinn in 20 Jahren = 177,780€

2. PV Anlage 10kW gebaut 2010 (eigene Anlage)

  • Gesamtinvestition: 43000€
  • Vergütung zu der Zeit auf 20 Jahre fest: 0,34€
  • Gesamtertrag bis heute 2024: 139800kWh x 0,34€ = 47532€
  • Reparaturkosten: keine
  • Erwarteter Ertrag in den nächsten 6 Jahren 50000kWh x 0,35€ = 17500€
  • Gewinn in 20 Jahren = 22032€

3. PV Anlage 20kW fiktiv gebaut in 2024

  • Gesamtinvestition: 17000€
  • Vergütung heute 0,134€
  • Erwarteter Ertrag in den nächsten 20 Jahren: 400000kWh (Module sind besser)
  • Reparaturkosten mgl. 2000€
  • Gesamtertrag: ca. 48000€
  • Gewinn in 20 Jahren: 29000€

Das entspricht einer Rendite von 5,13% p.a. und einem Gesamtgewinn von 170%. Der durchschnittliche Jahresgewinn liegt bei 8,5%. Je größer die Anlage umso höher der prozentuale Gewinn. Es gibt wahrscheinlich wenige andere Investitionsmöglichkeiten, in denen man mit so wenig Arbeit, so viel Rendite erwirtschaftet.

Überschußeinspeisung:
Bei dieser Einspeiseart wird erst ab 30kW Anlagenleistung ein weiterer Zähler benötigt. Der erzeugte Strom kann für das Haus genutzt werden und einen eventuell vorhandenen Akku laden. Alles, was weder das Haus noch der Akku verbraucht, wird dann ins Netz abgegeben. Diese Art der Einspeisung ist für die meisten Hauseigentümer am lukrativsten. Die Anlage wird umso effektiver, wenn der Kunde seine Verbräuche noch bewusst steuert. Wird die Waschmaschine, Geschirrspüler bzw. E-Fahrzeug Mittags bei Sonnenschein betrieben, dann kann der größte Teil direkt aus der Solarenergie bezogen werden.

Gern erstellen wir ein persönliches Angebot. Uns hilft es wenn Sie sich vorher über die angesprochenen Themen ein par Gedanken gemacht haben.